SpongeBOZZ & Dennis Sand: Yellow Bar Mitzvah (Buch-Review)

Auf dem Backcover des Buches „Yellow Bar Mitzvah“ wird Sun Diego als schillerndste Figur im deutschen Rap bezeichnet. Wenn schillernd hier mit polarisierend gleichzusetzen ist, trifft diese Aussage voll ins Schwarze. Immerhin steckte der Osnabrücker in den letzten fünf Jahren unter der Maske von SpongeBOZZ, dem rappenden Battle-Schwamm. Erst im Zuge seines letzten Albums „Started From The Bottom/KrabbenKoke Tape“ wurde die wahre Identität des Rappers hinter dem Kostüm gelüftet. Der perfekte Zeitpunkt, um die ganze Geschichte hinter der Idee mit dem Schwamm zu erzählen. Unterstützung bekam Dimitri Chpakov, wie der gebürtige Ukrainer mit bürgerlichem Namen heißt, von Dennis Sand. Eine Zusammenarbeit, die auch einen kleinen Beigeschmack hat, bezeichnete der Welt-Autor Sun Diego bzw. SpongeBOZZ doch noch vor knapp einem Jahr als besten Rapper Deutschlands, eine Aussage, die auch auf dem Klappentext unter den Pressezitaten auftaucht. Ob der Schulterschluss für das Buch zu diesem Zeitpunkt bereits bestand, ist nicht bekannt.

Die Biografie von Sun Diego ist in insgesamt sieben Teile aufgeteilt, was genau wie der Titel eine Anspielung auf die jüdische Herkunft des Protagonisten, die inhaltlich im weiteren Verlauf allerdings nur noch selten eine Rolle spielt. Die Geschichte beginnt noch lange vor seiner Geburt mit der Flucht seiner Uroma vor dem Krieg in Russland bis nach Usbekistan und der späteren Heimkehr. Hier erfährt man auch Details über den familiären Background, so arbeitete etwa seine Oma in der damaligen Sowjetunion als Ärztin in einem Kinderkrankenhaus. Sie ist es auch, die ihre Tochter und ihren Enkel schließlich vor dem gewalttätigen Vater rettet, als alle drei gemeinsam nach Deutschland fliehen. Nach einem längeren Aufenthalt in einer Asylunterkunft, wird die kleine Familie schließlich in Osnabrück heimisch.

Hier beginnt dann auch die eigene Geschichte von Sun Diego, dessen Jugend einer klassischen Rapper-Biografie gleicht: Nachdem er zunächst noch seinem Stiefvater bei seinen kriminellen Machenschaften zuschaut, entwickelt er mit seinen Freunden bald selbst Strategien, um an schnelles Geld zu kommen, vernachlässigt die Schule und findet schließlich zur Musik, der Startschuss für den eigentlich interessanten Teil des Buches. Er beschreibt seine Anfänge in der RBA, einer frühen Internetplattform für Battlerapper, wo er schnell Connections knüpft und u.a. auch Kollegah kennenlernt, mit dem er schließlich das Konzept zum umstrittenen Album „Bossaura“ entwirft, für das der Boss kurzerhand bei Sun Diego in Osnabrück einzieht. Als alter Kollegah-Fan, der die Platte schon damals nicht so schlecht fand, wie sie alle machen wollten, war ich auf dieses Kapitel besonders gespannt und wurde absolut nicht enttäuscht. Auch wenn man hier natürlich eine sehr subjektive Sicht auf die Dinge erfährt, lassen sich die Ereignisse der damaligen Zeit doch viel besser einordnen und verstehen. Anders als erwartet spricht der Autor nie wirklich schlecht über seinen alten Weggefährten und dankt ihm sogar im Nachwort. Anders sieht es allerdings bei Selfmade Records Chef Elvir Omerbegovic aus, dessen Name im gesamten Buch zu Geldgier Omerbegobitch und der des Labels zu Kollegahmade Records geändert wurde. Eine etwas kindische Aktion, die man sich hätte sparen können.

Natürlich wird im Verlaufe der Biografie auch die Beziehung zum umstrittenen YouTuber JuliensBlog angeschnitten, der mit seiner Analyse von „Bossaura“ damals hauptverantwortlich für den riesigen Hate an Sun Diego war, der in dessen Augen das Album seines Lieblingsrappers Kollegah zerstört hatte. Entgegen aller Vermutungen gefiel Sunny das Video sogar und traf wohl seinen Humor. Nachdem sie sich kennenlernten, waren sie sofort auf einer Wellenlänge und als Julien dann noch einen starken Teilnehmer für sein Videobattleturnier suchte, wurde schließlich Spongebozz geboren. Entgegen der landläufigen Meinung war das JBB laut Sun Diego allerdings nie eine abgesprochene Veranstaltung, sondern der Rapper sah einfach seine Chance, das Turnier als Sprungbrett und Grundlage für spätere Aktivitäten und Erfolg zu nutzen und eine außergewöhnliche Kunstfigur zu etablieren. Was danach folgte ist ein Lehrstück für gelungenes Marketing und die Kreierung eines Hypes um einen komplett erfundenen Gangsterschwamm.

Genau wie der Rest des Buchs wirkt auch dieser Teil zwar authentisch, man bekommt allerdings beim Lesen schnell das Gefühl, dass die Geschichte an vielen Stellen stark dramatisiert wird und sich die Autoren zu sehr im Pathos verlieren. Das hat allerdings auch den Effekt, dass die Spannung aufrechterhalten bleibt. „Yellow Bar Mitzvah“ ist sicher kein Werk, dass außerhalb von ernsthaft Interessierten wirklich Anklang findet oder in irgendeiner Weise langfristig in Erinnerung bleiben wird. Ähnlich wie die Musik von SpongeBOZZ sorgt es viel eher für kurzweilige Unterhaltung, die sich aufgrund des Schreibstils mit kurzen und auf den Punkt kommenden Sätzen leicht konsumieren lässt und deshalb durchaus als gelungen bezeichnet werden kann. Mir persönlich als Kollegah-Fan zu „Bossaura“-Zeiten hätte der Fokus auf die Zeit als Musiker völlig ausgereicht, aber ein Einblick in die Kindheit und die Herkunft gehört bei einer guten Biografie dann eben doch dazu.

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