Robert Wiese – Victor Vomacur: Ein Nachruf

Foto: Florian K.

Am 19.6.2021 verstarb Robert Wiese, auch unter seinem Rapperpseudonym Victor Vomacur bekannt, im Alter von nur 36 Jahren. Robert war ein brillianter Rapper, der nicht nur auf den Takt schiss, sondern auch auf poppigen Mainstreamrap, für den er nur Verachtung übrig hatte. Roberts geniale Art und seine zynische Haltung spiegelten sich in seinen teils schwermütigen, bis unglaublich humorvollen und ehrlich gesellschaftskritischen Texten wieder. Aber Robert war viel mehr als nur ein intelligenter Rapper, er war ein Unikat. Ein polarisierendes Raubein, eine Zeit lang ein ziemlich enger Freund, aber vor allem war Robert Wiese ein echt toller Mensch.

Von Robert haben in Halle gefühlt schon alle mal was gehört, entweder einen seiner Songs oder vielleicht eine amüsante Anekdote, wahrscheinlich aber seine markante Stimme, die durch Straßen und Bars der Stadt hallte. Und jeder der in den letzten fünfzehn Jahren mal in der Chaise oder im Czech zu gegen war, hat auch sofort sein prägnantes Gesicht vor Augen. Obwohl er jedes mal anders aussah, wenn ich ihn sah: Robert der Rotschopf, mal mit vollem Bart und wallendem Haar, mal mit Glatze, mal ohne und mal mit Bauch. Nur eine Brille hatte er eigentlich immer auf seiner Nase sitzen, dazu eine Fluppe in der einen und seinen Hund Erich an der anderen Hand.

Ich habe Robert jetzt fast zwei Jahre nicht gesehen und es gibt bestimmt Menschen, die ihm in letzter Zeit näher standen als ich. Welche die wussten, wie es ihm ging und was er gerade so trieb. Ich habe immer nur über ein paar Ecken mitbekommen, was in seinem Leben so abging. Robert arbeitet jetzt hier, Robert wohnt jetzt dort, Robert macht wieder Mucke, Robert hatte gestern einen sitzen und hat Leute bepöbelt. Wer Robert kannte, weiß das passierte des Öfteren mal. Wer Robert nicht kannte, wusste das wahrscheinlich auch. Viele die ihn nicht kannten, fanden das mitunter nicht so lustig und selbst enge Freunde waren auch nicht immer einverstanden, mit dem was er manchmal abzog. Auch ich hatte hin und wieder meine Schwierigkeiten mit ihm, aber irgendwie war kurz darauf auch wieder alles vergessen.

Als ich Robert vor ungefähr 17 Jahren kennenlernte hat er mich eingeschüchtert, aber auch fasziniert. Ich habe ihn über Grobi und Floriot kennengelernt, alles riesige Schlakse, der eine am Rappen und der andere am Plattendrehen. Grobi freestylte besser, als ich Texte schrieb und Flori hatte zehntausende Vinyls im Schrank. Einmal im Monat hatten die Jungs eine Radiosendung am Start: „Don´t be fooled by Rap“. Irgendwann nahm mich Grobi mal mit und Robert hing da auch rum. Die haben eine Stunde aus der Hüfte gerappt und ich war völlig baff. Später hab ich denen mein Zeug vorgespielt und ich glaube, die fanden meine Raps nicht so geil, aber meine dadaistischen Technotracks wie „Der Apfel“ und „Teutonenfamilie“ haben sie gut abgefeiert. Mich forderte das krasse Level, welches die Jungs an den Tag legten. Ich konnte mir ihre Tracks hundert mal anhören und fand immer wieder ´ne Line, die ich geil fand und vorher nicht gehört hatte. Da passte einfach sehr viel. Als ich dann auch mit Robert erste Sachen aufgenommen hatte, merkte ich wie er mich besser machte. Das war einfach eine ziemlich schöne Zeit und im Nachhinein wichtig und prägend für mich. Im Deutschrap gab es damals bis auf Hiob (ehemals V-Mann) und Morlockk Dilemma eigentlich nix was mich wirklich begeisterte und in Halle schon gar nicht. Abseits vom Rap traf ich Robert öfter zum Playsie zocken, zum Bechern oder einfach nur zum Dünnes quatschen. Nicht selten hatte Robert an diesen Abenden ordentliche Abstürze. Manchmal war es lustig, manchmal aber auch unschön. Er konnte wildfremde Leute an der Bar unter der Tisch quatschen, dabei Dostojewski zitieren und ans Satzende einfach „Du Fotze“ setzen. Das war niemals böse gemeint, ich glaube Robert hatte einfach unglaublichen Spaß daran, Leute aus der Reserve zu locken. Irgendwann um das Jahr 2010 herum, stand er mit einer Tasche bei mir vor der Tür und fragte ob er zwei, drei Tage bei mir pennen durfte. Es wurden eher zwei, drei Wochen draus. Er ging mir zwar auf den Sack, weil er meinen Kühlschrank leer fraß, aber dafür hatten wir unglaublich lange und lustige Abende.

Robert hat mir immer ehrlich gesagt was er von mir und meinen Texten hielt. Robert hat sich mal drei Filme ausgeliehen und mir nach einem halben Jahr vier Filme zurückgebracht, allerdings völlig andere. Robert wurde mal von den Bullen festgehalten, weil er bei Edeka ein Stück Käse geklaut hatte. Beim Anzeige schreiben, wies er die Polente auf mehrere Rechtschreibfehler hin. Robert hat mal bei Freunden ins Katzenklo gekotzt und alle dachten, die Katze hätte Durchfall. Robert hat mich gefragt, wie ich seine Kurzgeschichten fand und ich fand sie ziemlich wahnsinnig, aber es hat mich gefreut, dass er nach meiner Meinung fragte. Robert hat Spuren hinterlassen, bei mir und bei vielen anderen Menschen. Robert ist leider viel zu früh gegangen und ich hätte ihn gern noch mal gesehen und mit ihm Mucke gemacht. Wenn ich Robert nah sein will, dann mache ich sein Album an schmunzele über seine Lines, genau wie vor 17 Jahren als ich ihn zum ersten mal gehört hatte. Roberts Tod traf mich und mein Mitgefühl gilt seiner Familie und allen, die ihn so mochten wie ich.

Mach´s jut mein Lieber. Ruhe in Frieden, dein Brati.