Mortis – Der Goldene Käfig (Review)

Von Mortis, damals noch mit dem Grafitti-Anhang One unterwegs, habe ich das erste Mal 2010 gehört, als er die zwei Mixtapes „… weil ichs kann“ und „Immer wieder gern“ veröffentlicht hat. Damals war der Rapper aus dem Südharz noch Backpacker durch und durch, hat auf Jams gefreestylet und auf durchgelegenen Matratzen im Flur von Freunden geschlafen. Nach einem Zwischenstopp in Hannover und Fast-Obdachlosigkeit, ist Mortis mittlerweile in Berlin gelandet, hängt mit Karate Andi auf jeder Szeneparty ab und ist bei Showdown Records gesignt. Nun steht seine erste EP „Der Goldene Käfig“ für das reanimierte Kultlabel an.

Schon damals hat man bei Mortis zwischen den klassischen BoomBap-Beats immer wieder den ein oder anderen Einfluss aus fremden Gefilden herausgehört. Mittlerweile hat er den Backpack musikalisch komplett abgelegt und seine Musik für sich persönlich weiterentwickelt. Wenn man ersten Interviews glauben darf, hat es lange gedauert diesen Sound zu finden. Mortis ist Perfektionist, eine Krankheit, an der so ziemlich jeder Berufsmusiker leidet. Deutlich beeinflusst von dem Leben der Hauptstadt und dem aktuellen Mindstate der Popkultur ist bereits das Intro voll mit Referenzen an Party und Drogen, aber auch Identitätssuche. Das typische Berlin-Problem eben. In ähnlicher Weise geht es dann weiter. Mortis beschäftigt sich hauptsächlich mit allgemeinen Alltagsbeobachtungen und damit, wo er herkommt, wo er gerade steht und wo es in Zukunft hingehen soll, immer wieder verpackt in detaillierte Geschichten, wie in „Carlotta“, das an eine Frau gerichtet ist. Er ist ein Teil dieser Generation ohne Ziel, die bereits Casper und Prinz Pi auf ihren Erfolgsalben besprochen haben und setzt sich damit intensiv auseinander. Ihn als billigen Abklatsch dieser beiden Teenieidole zu sehen, würde ihm sicher nicht ganz gerecht werden, beschweren darf er sich über den Vergleich allerdings nicht, denn er schlägt inhaltlich genau in die gleiche Kerbe aus Melancholie, Weltschmerz und vermeintlichen Luxusproblemen. Doch einen Unterschied gibt es: Mortis macht alles selbst. Beats, Texte und sogar die ein oder andere gesungene Hook. Die restlichen Refrains werden von den Gästen Shizoe, Peter Boateng und Wanja übernommen, kein einziger Song kommt ohne Gesang aus. Dementsprechend musikalisch sind dann auch die melancholischen Beats. Das einzige Rapfeature ist ein solider Part von Marteria, bei dessen Produzent Nobodys Face die Platte ausproduziert, gemixt und gemastert wurde.
Mortis sticht zwar aus der Masse an Rappern seiner Sorte heraus, die alle irgendwie nach Casper, Marteria oder Prinz Pi klingen, kann denen auf deren Gebiet aber (noch) nicht das Wasser reichen. Mortis ist ein mehr als solider Rapper und Produzent, der gerne experimentiert und ohne Scheuklappen rumläuft. Über die Länge einer EP geht das Konzept ganz gut auf, für das anstehende Album „Hollywood Psychose“ sollte er sich allerdings vor allem thementechnisch noch etwas mehr einfallen lassen, um seine Musik eigenständig und vielfältiger zu machen.