Zutaten: Mit dem anstehenden Monat März hat das Warten auf den Film „Wenn der Vorhang fällt“ in der Regie von Michael Münch ein Ende. Eine Dokumentation mit dem Ziel, die fast 30 jährige Entwicklung des deutschen HipHops durch Interviews mit alten Hasen wie Toni L, Freundeskreis, Stieber Twins oder den Fantastischen Vier, der Generation 2000 wie Sido oder Samy Deluxe sowie neueren Künstlern wie Chefket und Marteria aus persönlicher Sicht darzustellen. Bereits vor dem offiziellen Start des Kinofilms erschien nun der gleichnamige Soundtrack. Entgegen dem Film ‚Wenn der Vorhang fällt‘ sind auf dem OST jedoch nur eine kleine Auswahl der Künstler vertreten, welche auch schlussendlich im Film zu sehen und hören sind. So sucht man musikalische Zugaben von beispielsweise Sido oder Afrob vergeblich. Nichtsdestotrotz befinden sich auf der CD bzw. LP 11 Künstler, die sich auf 23 Tracks die Klinke in die Hand geben. Einige haben eine komplett neue Produktion beigesteuert, andere wurden wiederum durch Remixe alter Veröffentlichungen zu neuem Leben erweckt.
Geruch: Durch die Zusammenstellung des Soundtracks mit Interpreten aus annähernd 30 Jahren HipHop in Deutschland, wird dem Zuhörer eine großartige Vielfalt der Entwicklung sowie der unterschiedlichen Styles geboten. Aufgrund der jedoch größtenteils als Remix produzierten Titel wird dem geschulten Zuhörer und Szenekenner keine wirkliche Überraschung auffallen. Es gibt also die gewohnte Kost der involvierten Interpreten aufs Ohr.
Gewürze: Für die musikalische Untermalung des Samplers konnte man insgesamt 9 Produzenten ins Boot holen, wobei digitalluc sowie Figub Brazlevič für den Hauptanteil der insgesamt 23 Tracks verantwortlich sind. Figub Brazlevič, der nach unzähligen Eigenproduktionen im letzten Jahr u.a. durch das Album „Khazraje“ von MC Rene und den Song „Schuhkarton“‘ vom Plusmacher erstmals über die eine eingeschworene Auskenner-Szene hinaus auf sich aufmerksam machen konnte, übernahm des Weiteren die Aufgabe des Masterings der Platte. Neben den zwei genannten Künstlern haben sich im übrigen Hawkeye aka Falk Schacht, Mr. Mar aka Martin Stieber, Don Philippe, DJ Koze, DJ Friction, Cut Spencer und Dead Rabbit bereit erklärt, das Projekt mit Beats und Cuts zum passenden Vibe zu unterstützen.
Einzigartige Komponenten: Bei Betrachtung der beteiligten MC‘s und Beatproduzenten können man schnell den Eindruck erhalten, dass einen die komplette Bandbreite der mittlerweile fast 30-jährigen deutschen musikalischen HipHop-Kultur erwartet. Doch vom ersten bis zum letzten Titel werden klassisch boombaplastige Beats geboten, die allesamt der gleichen Rezeptur folgen und den Vibe vorheriger mit sich führen. Die einzigartige Komponenten, welche den Unterschied ausmachen, sind die melodischen Zugaben des Mainzers Beatbauers digitalluc. Wer seine Werke bereits von anderen Produktionen kennt, wird verstehen was ich meine. Seine Titel kommen allesamt ohne die Unterstützung eines Rappers aus, was auch beim Hören in keinster Weise vermisst wird. Er kreiert mit unterschiedlichen Klängen eine eigene Welt in die man abtauchen und träumen kann.
Beilagen: Wie bereits anfänglich erwähnt, befinden sich nicht alle im Film beteiligten Protagonisten ebenfalls auf dem Soundtrack. Dessen ungeachtet könnt ihr euch aber auf Stoff von Freundeskreis, Toni L, Die Fantastischen Vier, Prinz Pi, Roger & Schu, Main Concept, MC Rene, Stieber Twins, Chefket, Samy Deluxe wie auch Marsimoto freuen. Was den Schein jedoch etwas trügt, eine Vielzahl der Künstler ist lediglich mit einem Remix eines alten Tracks mit von der Partie. So etwa der Titeltrack des Films von Freundeskreis aus dem Jahr 1997, MC Renes „Ein anderer Ausflug“ von 1995 oder das 2015 veröffentlichte Lied „TaktTaktTakt“ von Roger & Schu.
Mal probieren: Da der Soundtrack unterschiedliche Künstler aus mehreren Regionen Deutschlands vereint, die wiederum alle für ihre eigenen Stile aus allen Epochen des deutschen HipHops mehr oder weniger bekannt sind, wird die Auswahl eines bestimmten Songs zur Qual. Zwei Tracks, die nach längerem hin und her bei mir jedoch hängen geblieben sind, sind die Remixe von Main Concepts „Gedankenflashflowsnacks“ sowie „100x“ von Prinz Pi aus der Hand von Figub Brazlevič.
Geschmack: Ich war anfänglich skeptisch, als ich die Liste der Interpreten des Werkes zu Gesicht bekam. Zum einen, weil nur ein Teil der für mich wirklich ‚wichtigen‘ Hauptakteure des Films sich ebenfalls die Mühe gemacht hat, einen Hit beizusteuern. Zum anderen aufgrund der überwiegend vorkommenden Remixen von Tracks aus der Vergangenheit. Zum Glück wurde ich eines besseren belehrt. Der Soundtrack hat von Anfang bis Ende einen roten Faden und wirkt insgesamt sehr stimmig. Alle beteiligten Interpreten konnten das im Vorfeld vereinbarte Konzept durchweg einhalten. Wer auf Boombap-Beats und die gewohnte Kost von altbekannten Rapper steht, wird mit großer Sicherheit seine Freude haben. Mir wird dadurch die Wartezeit auf den Film bedauerlicherweise wahrlich nicht leichter gemacht.