Sido zu Gast in Halle (Nachbericht)

Das Steintor Varieté ist seit jeher ein beliebter und angesehener Veranstaltungsort in Halle, der sich bisher allerdings eher durch klassische Konzerte oder Auftritte von bekannten deutschen Comedians  auszeichnete. Umso überraschter war ich, als angekündigt wurde, dass Sido dort einen Stop im Rahmen der Tour zu seinem aktuellen Album „30-11-80“ einlegte. Nicht nur, dass das Konzert in einem für mich als erfahrenen Rapkonzert-Besucher ungewöhnlichen Ambiente stattfand, auch alleine die Tatsache, dass sich ein Rapper von Sidos Status nach Halle verirrt, erweckten bei mir großes Interesse und Spannung auf das, was da kommen sollte.

Das Sido mittlerweile mitten in der Popwelt angekommen ist, erkennt man nicht nur an diversen Fernsehauftritten und den größeren Hallen, die er bespielt, sondern auch an einer komplett professionell durchgestylten Performance. Eingeleitet von einem Video, in dem man eine Entführung des Berliners durch Moritz Bleibtreu mitverfolgen konnte, die blutig endete und Sido direkt in die Hölle schickte, wo er sich in einer Bar mit Michael Jackson und Amy Winehouse wiederfand und Kurt Krömer als der Teufel höchstpersönlich die Getränke verteilte. Doch während die verstorbenen Musiklegenden ihr Leben nach dem Tod bereits begonnen hatten, bekam Sido eine zweite Chance, da er ja noch eine Tour zu spielen hatte und fand sich, so ein Zufall, plötzlich auf der Bühne in Halle wieder. Und dort hatte er ordentlich aufgefahren. Eine Liveband inklusive DJ Werd, Wegbegleiter seit Tag eins, besorgte die Beats, während Serk und She-Raw für den Gesang und Bass Sultan Hengzt für die Backups verantwortlich waren. So spielte sich der ehemalige Maskenmann durch seinen umfangreichen Hitkatalog, angefangen mit seinem aktuellen Album, aber auch Klassikern wie „Mein Block“ oder meinem heimlichen Favoriten „Bergab“ von der zweiten Platte „Ich“. Dabei wechselte er immer wieder zwischen spaßigeren und ruhigeren Blocks hin und her, wobei letzterer sogar von einer aufgelösten Zuschauerin dazu genutzt wurde, ihrem Freund unter tosendem Applaus einen Heiratsantrag zu machen. Auch sonst war das Konzert immer wieder mit kleinen Showeinlagen durchzogen, die manchmal gelungen waren, wie ein Gastauftritt von Helge Schneider per Video, manchmal weniger passten, als Sido nach seinem Arschficksong und diversen Shots seines favorisierten Kräuterschnaps recht eindeutige Anspielungen bezüglich des Songs in Richtung einer dreiköpfigen Familie machte, die in den oberen Rängen saß und vor allem dem Sohn sichtlich peinlich war. Auch sonst war der Grad zwischen gelungenem Witz und unpassendem Spruch schmal und über die Performance des erwähnten Untergrundklassikers vor einem Publikum, dass teilweise deutlich unter 16 Jahre war, kann man sich ebenfalls streiten.

Am Ende erlebten die Hallenser eine ausgeklügelte und ansehnliche Bühnenshow und eine routinierte, aber nicht unbedingt herausragende Performance eines vor allem musikalisch und inhaltlich gereiften Sidos, der sein altes Image wohl aber nie komplett ablegen kann. Anders, als es bei vielen anderen Rappern der Fall ist, bekam man den Rapper danach nicht mehr zu Gesicht, was aber auch an der strikten und unfreundlichen Security liegen könnte, die anscheinend zeitig Feierabend machen wollte und die Fans relativ grob und direkt aus dem Steintor kehrte.


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