Marteria – Zum Glück in die Zukunft II (Review)

 
„Zum Glück in die Zukunft“ hat für viele Experten anno 2010 die Tür für deutschen Rap ganz weit aufgestoßen. Nach Jahren der Aggro-Ära war die Blase spätestens 2008 mit der Schließung des Vorzeigelabels geplatzt. Doch mit Marteria war deutscher Rap plötzlich wieder salonfähig, von Schimpfwörtern befreit und konnte im Radio gespielt werden. Es war der Startschuss für unzählige Top 10-Platzierungen einheimischer Rapper und erfolgreiche Jahre für Marteria, die in einer Platinplatte für „Lila Wolken“ gipfelten. Nun also die Fortsetzung der Platte, mit der alles angefangen hat. Back To The Roots sozusagen und eine direkte Anknüpfung an den ersten Teil.
Genau dieses Konzept hört man „Zum Glück in die Zukunft 2“ auch deutlich an. Irgendwie klingt es, als wäre es 2010 hängengeblieben und alles, was danach passiert ist, hätte nie stattgefunden. So kann das Album das Niveau des Vorgängers nicht halten. Klar, Marteria versteht sein Handwerk und weiß, wie man Hits schraubt. Die Instrumentals, die logischerweise wieder komplett von The Krauts stammen, sind ebenfalls nicht von schlechten Eltern. Elektronisch wummernde Beats mit ganz tiefem Bass sind auch vier Jahre später noch nicht aus der Mode gekommen und bieten Mr. Mar viel Platz zum Glänzen. Auch inhaltlich macht er das, was er kann. Alltagsbeobachtungen in einfachen Worten, die jeder versteht, ohne häufig konkret zu werden und ohne platt zu klingen. Das ist eine Kunst, die Marteria wie kaum ein anderer beherrscht. Nur hat man das alles schonmal irgendwo gehört: auf dem Vorgänger. Das Team aus Green Berlin reitet die Erfolgswelle konsequent weiter und nimmt alles mit, was geht. Im Gegensatz zum Vorgänger lässt die CD das Überraschungsmoment vermissen, das auch „Grüner Samt“ und „Lila Wolken“ so groß gemacht haben. Alles klingt ein wenig am Reißbrett konzipiert. Ein bisschen mehr Experimentierfreude hätte dem Projekt jedenfalls gut getan, etwas das alle bisherigen Releases des Rostockers ausgemacht hat und zu dem er mehr als imstande ist. Dazu kommt, dass er noch immer kein großer Techniker ist. Was er sonst mit seiner Stimme und seinem Charisma wettmachen konnte, fällt hier aufgrund der Gleichheit der Songs zum Vorgänger mehr auf. Auch vom zweiten Teil einer Geschichte kann man mehr erwarten, als 12 Fortsetzungen der Songs vom ersten Teil. Marteria ist in seiner Karriere erstmals an dem Punkt angelangt, an dem er stagniert. „Zum Glück in die Zukunft 2“ hätte genauso gut als erster Teil rauskommen können und man hätte kaum einen Unterschied bemerkt. Dieses Album ist auf keinen Fall schlecht und unter anderen Voraussetzungen hätte es mir sicher besser gefallen. Doch heute locken mich die Tracks leider nicht hinterm Ofen hervor.
Eine Fortsetzung muss sich letztendlich immer an seinem Vorgänger messen und dabei handelt es sich um nicht weniger, als einen modernen Klassiker. Fans und Mainstream bekommen geboten, was sie erwarten, alle anderen warten lieber auf die nächste Marsi-Platte.