Abgeschmeckt: Audio88 – Sternzeichen Hass

Künstler: Audio88
Release: Sternzeichen Hass
Veröffentlichungsdatum: 26.05.2017
Label: Normale Musik
Format: CD, Vinyl, Streaming, Download

Zutaten: Der Name ist Programm. Auf „Sternzeichen Hass“ kotzt sich Audio88 über die ganze Welt aus. Zwischen großen Themen wie der Flüchtlingskrise und kleinen Beobachtungen des Alltags leuchtet aber noch immer der rote Faden des Lebenswerks von Audio88 & Yassin: Du bist ein Spast. Im Gegensatz zu den gemeinsamen Veröffentlichungen bezieht sich das allerdings nicht vorrangig auf Whack-MCs, sondern auf AfD-Wähler, Nichtsgönner und generell jedem „Trottel“ da draußen. „Und in der Mitte steht ein Audio und schießt um sich.

Geruch: Dass Audio88 einen sehr einzigartigen Flow hat, sollte mittlerweile auch bei allen Technik-Fetischisten angekommen sein. Seine hohe Stimme ist gepaart mit einer Vortragsweise, die im VBT wohl keinen Blumentopf gewinnen würde, dafür aber die eigenen Fans vollends überzeugt und sich angenehm von der Masse der immer gleich klingenden deutschen Rapper abhebt, auch wenn der Berliner mittlerweile zumindest zu einer erkennbaren Reimstruktur übergegangen ist. Klar, das kann auf Dauer anstrengend sein, aber Audio ist auch nicht gekommen, um die Hintergrundmusik für dein nächstes Candle Light Dinner zu produzieren.

Gewürze:
Gefühlt ging es auf den Soloprojekten von Audio88 immer etwas sperriger zu als auf den Alben mit seinem Partner Yassin, was sich auf auf „Sternzeichen Hass“ nicht verändert hat. Die Beats rumpeln noch immer wunderbar düster und dreckig vor sich hin, sind gleichzeitig aber hervorragend ausproduziert, was sich nicht unbedingt gegenseitig ausschließen muss. Die Instrumentals von Lord Scan, Smokey131, Torky Tork, Yassin und Aqua Luminus III pumpen tief und satt durch die Boxen und machen vor allem Tracks wie „Dosenpfirsiche“, „Treibjagd“, „Selfies“ oder „Direkter Vergleich“ zu absoluten Brettern, die sich hervorragend mit Audios misanthropischen Ausführungen ergänzen.

Einzigartige Komponenten:Sternzeichen Hass“ ist genau das, was man erwartet: Eine bitterböse Abrechnung mit der eigenen Umgebung von einem Typen, der ständig schlecht gelaunt scheint, es aber schafft, seinen Wut in beißenden Zynismus umzuwandeln. Während besorgte Bürger und Xavier-Naidoo-Fans also vermutlich beim Hören die Ohren abfallen, haben alle anderen ihre helle Freude an Lines, die mit dem Finger tief in die Wunde bohren. Dafür braucht es dann natürlich auch keine gesungenen Hooks oder sonstige Zugeständnisse, um eine entsprechend hasserfüllte Stimmung zu kreieren.

Beilagen: Bei einem so eigenwilligen Stil wie dem von Audio88, stelle ich mir die Featureauswahl schwierig vor. Gleichzeitig kann es die Platte etwas auflockern, was auf „Sternzeichen Hass“ absolut gelungen ist. Alle Gäste ergänzen sich hervorragend mit dem Hauptinterpreten und neben den Qualitätsparts von Morlockk Dilemma und Doz9, deren Stil schon auf vorangegangenen Kollaborationen mit Audio harmoniert hat, fügen sich auch Megaloh und Lakmann erstaunlich gut in die Gesamtatmosphäre ein.

Mal probieren: Für alle, die sich bisher noch nicht an die Musik von Audio88 gewagt haben, sind die Feature-Songs einen Hördurchgang wert, wobei vor allem das böse brummende „Selfies“ mit Megaloh und Lakmann interessante Kontraste in den Parts schafft. Weitere Anspieltipps sind „Dosenpfirsiche“ oder „Direkter Vergleich“. Mit einer Gesamtlaufzeit von gerade mal knapp 22 Minuten ist aber auch ein kompletter Durchlauf der in sich stimmigen EP sehr zu empfehlen.

Geschmack: Wenn Audio88 & Yassin etwas können, dann ein Konzept auf einer kompletten Veröffentlichung konsequent umsetzen. Und so ist auch „Sternzeichen Hass“ kein Experiment, sondern ein Schlag in deine naive Fresse. Die EP ist wie ein hyperaktives Kind, das einfach nicht stillsitzen kann und aufmüpfig ständig alles hinterfragt, während seine Mitschüler einfach immer nur brav dem Lehrer folgen. So wird Audio bei all den Problemen auf der Welt zwar kaum noch ruhig schlafen können, kann uns dafür aber mit seinen genauen Alltagsbeobachtungen aber immer wieder schonungslos den Spiegel vors Gesicht halten.

5/6 Salzstreuer

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